Zu Janet Cardiff/George Bures Miller | essay | cv |
The Dark Pool [1995], Cardiff und Millers erstes großes gemeinsames Werk
[…] steht beispielhaft für viele ihre Werke. In vielerlei Hinsicht
ein Selbstportrait der beiden Künstler, verkörpert diese Arbeit eine
geheimnisvolle mise en scène eines verlassenen Studios oder Laboratoriums.
Wenn der Betrachter zwischen den mit offenen Büchern, Instrumenten und
anderen Artefakten beladenen Tischen umherwandelt, löst er Aufnahmen von
Stimmen aus, die verschiedene Versionen einer paranormalen Geschichte erzählen:
über einen mysteriösen Körper aus schwarzer Flüssigkeit,
der alles, was ihn berührt, absorbiert, inklusive vermutlich der Benutzer
dieses Studios. Drei neuere Gemeinschaftsarbeiten sind im Wesentlichen kurze
Videotapes, die, ausgestattet mit einer dem neuesten Stand der Technik entsprechenden
Audio-Technologie, in genau ausgetüftelten Szenen projiziert werden. Sowohl
The Muriel Lake Incident [1999] als auch The Paradise Institut [2001] bestehen
aus handwerklich penibel gebauten Dioramen von Theater-Innenräumen. Bei
beiden Arbeiten tragen die Betrachter Kopfhörer, über die sie einen
binaural aufgenommenen Soundtrack hören, der mit Bemerkungen des Publikums
vermischt ist und sie so in die bruchstückhafte Erzählung des Films
verwickelt. The Berlin Files [2003] wird in einer dunklen, halb-runden Kammer
präsentiert; die Wände sind mit Leinwänden verkleidet, die die
im Raum angeordneten Lautsprecher verdecken. Die Tonspur des 30minütigen
Films verwendet eine Raumklang-Technologie, die die ursprüngliche Dreidimensionalität
des vor Ort aufgenommenen Klangs simuliert. So lässt sich in diesem Film,
dessen Bilder von Wohnungsinnenansichten bis zu weitläufigen eisigen Landschaften
reichen, der Bild und Hörraum nicht mehr von den Räumen unterscheiden,
die sich zwischen unseren Ohren auftun. In der schwarzen Kammer, die wir wie
ein Paar Kopfhörer mit uns tragen, werden Sehen und Hören, Objektivität
und Subjektivität ineinander verschränkt.
Man kann über die Arbeiten von Cardiff und Miller nicht sprechen, ohne auf den Begriff des »Betrachters« einzugehen, auch wenn der expansive Einsatz von Klang die Aussagekraft dieses eher allgemeinen Begriffs einschränkt. Begriffe wie »Hörer« [auditor] oder »Auditorium« mit ihrer Betonung auf dem lateinischen audire [hören] scheinen zwar adäquater, kommen aber auch an ihre Grenzen, da sie das Hören auf Kosten anderer angesprochener Sinne betonen oder einen passiven und unbeweglichen Rezipienten suggerieren. Auch wenn das, wie in The Paradise Institute, der Fall ist, werden die Betrachter durch die Erzählung zum Handeln gedrängt. [aus: Pandemonium: Janet Cardiff & Georges Bures Miller, Eastern State Penitentiary, Philadelphia, Pennsylvania]
Man kann über die Arbeiten von Cardiff und Miller nicht sprechen, ohne auf den Begriff des »Betrachters« einzugehen, auch wenn der expansive Einsatz von Klang die Aussagekraft dieses eher allgemeinen Begriffs einschränkt. Begriffe wie »Hörer« [auditor] oder »Auditorium« mit ihrer Betonung auf dem lateinischen audire [hören] scheinen zwar adäquater, kommen aber auch an ihre Grenzen, da sie das Hören auf Kosten anderer angesprochener Sinne betonen oder einen passiven und unbeweglichen Rezipienten suggerieren. Auch wenn das, wie in The Paradise Institute, der Fall ist, werden die Betrachter durch die Erzählung zum Handeln gedrängt. [aus: Pandemonium: Janet Cardiff & Georges Bures Miller, Eastern State Penitentiary, Philadelphia, Pennsylvania]