[Kyle Gann]:
Als Teil einer von Henry Cowell über La Monte Young und Alvin Lucier gehenden
amerikanischen Tradition hat David First die Phänomene der Akustik zum
Thema seines Komponierens gemacht. Er ist der Meister des langsamen Glissandos,
von Akkorden, die zwischen verschiedenen Stimmungen gleiten. So hat er Zugriff
auf die subtilsten, aber auch haarsträubensten akustischen Phänomene
der zeitgenössischen Musik. In bahnbrechenden Werken wie Jade Screen Test
Dreams of Renting Wings [1993] und The Good Book’s [Accurate] Jail of
Escape Dust Coordinates [1995] verwendete er sich langsam bewegende Tonhöhenkomplexe,
die die Obertöne in unserem Innenohr tanzen lassen, zusammen mit Percussion-Tracks,
deren Phasen sich gegeneinander verschieben. Trotz seines authentischen Rockmusik-Backgrounds
[seine Band Notekillers spielte eine wichtige Rolle in der Artrock-Szene] war
er in der Downtown-Szene der 80er und 90er Jahre einer der wenigen Komponisten,
die sich weigerten, in Pop-Rhythmen zu verfallen, nur um die Massen anzuziehen.
Er ist jedoch als Improvisator, ungeachtet seiner Vorliebe für ziemlich
raue Texturen, seinen Wurzeln im Free Jazz treu geblieben. Diese anti-puristische
Haltung, das Insistieren auf der Fusion verschiedener Strömungen der jüngeren
amerikanischen Musik, charakterisiert ihn als einen der wichtigen Komponisten
des frühen 21. Jahrhunderts.
Operation: Kracpot plays »The Music of the Sphere« 2003, Cyber/Audio/Video-Perfomance, Videostill, Foto © David First