Zu Carsten Nicolai | essay | cv |
Das Nebeneinander des Akustischen und Visuellen ist ein ständig wiederkehrendes
Thema im Werk Carsten Nicolais. Der Tradition Ernst Chladnis (1756–1827),
des Begründers der modernen Akustik, folgend, versucht Nicolai, unterschiedliche
Sinnesempfindungen miteinander zu verknüpfen. In wiederholten Versuchsanordnungen
werden beispielsweise Flüssigkeiten mit Tonsignalen verschiedener Frequenzen
animiert, so dass Wellen entstehen, die sich in Form von konzentrischen Kreisen
kräuseln, aufeinander stoßen, sich verbinden und dabei Schwingungsknoten
und Störungsmuster erzeugen. Durch den visuellen Sinneseindruck von Nicolais
teils großräumigen Installationen wird das Klangerlebnis in Porträts
der Frequenzen umgewandelt. Die aus einem ähnlichen Experiment resultierende
Fotoserie milch besteht aus Abbildungen unterschiedlicher Milchoberflächen,
die durch ansteigende Frequenzen in Schwingung gebracht worden sind. Während
die niedrigen Frequenzen eine chaotisch anmutende Fläche erzeugen, bilden
hohe Frequenzen streng rhythmisch geordnete Muster. Die Arbeiten sind gleichermaßen
Visualisierungen eines akustischen Phänomens wie eigenständige Kunstwerke,
die aus der ihnen innewohnenden Ästhetik wirken. In anderen Arbeiten wie
void versucht Nicolai, in Glasrohren Ton zu versiegeln und damit unsere Wahrnehmung
zu hinterfragen sowie die Lebensspanne von Geräuschen zu thematisieren.
Nicolai geht es dabei weniger um das Begreifen des einzelnen Objektes, sondern
vielmehr um Relationen, um einen Systemzusammenhang, in dem kausale Abhängigkeitsverhältnisse
herrschen. Klänge durchdringen den Raum, greifen auf Bilder und Objekte
über und verleihen damit der gesamten Ausstellung eine Art von Polyrhythmik.
Carsten Nicolai verbindet in seiner Arbeit unterschiedliche Naturphänomene und implementiert sie in seine eigene künstlerische Sprache. Der neuartige, erfrischende Eindruck, den seine Arbeiten hinterlassen, entsteht dadurch, dass sie jenen undeutlichen Grenzbereich hervorbringen, in dem Bewusstsein und Materie ineinander übergehen und der Betrachter der Realität einer sowohl innerlichen als auch körperlichen Erfahrung sehr nahe kommt. Er wird auf sein ureigenes Empfinden und somit auf die essenziellen Fragen nach der Ordnung der Dinge zurückgeworfen. [Schirn Kunsthalle Frankfurt, Pressetext]
Carsten Nicolai verbindet in seiner Arbeit unterschiedliche Naturphänomene und implementiert sie in seine eigene künstlerische Sprache. Der neuartige, erfrischende Eindruck, den seine Arbeiten hinterlassen, entsteht dadurch, dass sie jenen undeutlichen Grenzbereich hervorbringen, in dem Bewusstsein und Materie ineinander übergehen und der Betrachter der Realität einer sowohl innerlichen als auch körperlichen Erfahrung sehr nahe kommt. Er wird auf sein ureigenes Empfinden und somit auf die essenziellen Fragen nach der Ordnung der Dinge zurückgeworfen. [Schirn Kunsthalle Frankfurt, Pressetext]