Zu Werner Reiterer | essay | cv |
Kaum ein Künstler, der diesen Mechanismus so beherzigte wie Werner Reiterer.
Den Gegenständen, die Reiterer als Kunst präsentiert, ist entsprechend
nichts Menschliches fremd. Sie reden mit einem, rollen auf einen zu […]
oder gehen buchstäblich an die Decke. Die Ähnlichkeit zum Menschen,
die dabei bemerkbar wird, ist keine des Aussehens. Die Nähe ergibt sich
über eine Gemeinsamkeit des Verhaltens, des Reiz-Reaktions-Schemas, einer
Art Charakterfrage […] Bei Reiterer ist der Ort das Bild des Menschen.
Und weil Ort im Griechischen »Topos« heißt und Charakter »Tropos«,
ist Reiterers Topografierung der Welt eine Tropografierung. Entsprechend sind
seine Orte nicht anthropomorph. Sie sind anthropotrop.
Also schnauft der Tempietto. Auf Kassels Wilhelmshöhe implantierte Reiterer im Jahr 2002 einem Pavillon eine pulmologische Anlage. Der reizende Staffagebau […] gibt nun […] periodisch wiederkehrende optische und akustische Signale von sich. Alle achtzig Sekunden, so lange, wie man in etwa den Atem anhalten kann, wiederholt sich der Mechanismus des LichtDimmens und GeräuscheindieWeltSendens, und speziell Letzteres macht unmissverständlich, dass hier jemand nach Luft schnappt. Hinzu kommt, dass die Architektur, der Reiterer seine Apparatur einpflanzte, ein Apollo-Tempel ist, gewidmet zum einen jenem Gott, der in Griechenland unter anderem für das Licht zuständig war, gewidmet zum anderen der Paradefigur eines mythologischen Denkens, das seine Götter nach menschlicher Erfahrung gestaltete; die uralte Vorstellung des Anthropomorphen trifft hier in der Tat auf die aktuelle, von Reiterer implementierte des Anthropotropen […]. [Aus: Rainer Metzger; »TROPE SCULPTURE. Worin besteht bei den ortsbezogenen Arbeiten Werner Reiterers eigentlich der Ortsbezug?«, in: Sabine SchaschlCooper: Werner Reiterer, Basel: Merian 2003.]
Also schnauft der Tempietto. Auf Kassels Wilhelmshöhe implantierte Reiterer im Jahr 2002 einem Pavillon eine pulmologische Anlage. Der reizende Staffagebau […] gibt nun […] periodisch wiederkehrende optische und akustische Signale von sich. Alle achtzig Sekunden, so lange, wie man in etwa den Atem anhalten kann, wiederholt sich der Mechanismus des LichtDimmens und GeräuscheindieWeltSendens, und speziell Letzteres macht unmissverständlich, dass hier jemand nach Luft schnappt. Hinzu kommt, dass die Architektur, der Reiterer seine Apparatur einpflanzte, ein Apollo-Tempel ist, gewidmet zum einen jenem Gott, der in Griechenland unter anderem für das Licht zuständig war, gewidmet zum anderen der Paradefigur eines mythologischen Denkens, das seine Götter nach menschlicher Erfahrung gestaltete; die uralte Vorstellung des Anthropomorphen trifft hier in der Tat auf die aktuelle, von Reiterer implementierte des Anthropotropen […]. [Aus: Rainer Metzger; »TROPE SCULPTURE. Worin besteht bei den ortsbezogenen Arbeiten Werner Reiterers eigentlich der Ortsbezug?«, in: Sabine SchaschlCooper: Werner Reiterer, Basel: Merian 2003.]