Über meine Arbeit [Kris Vleeschouwer]:
In meinen Installationen und Skulpturen muss der Besucher auf der Hut sein.
Alltagsgegenstände werden von Computerprogrammen manipuliert. Glasgefäße
schießen wie transparente Kanonenkugeln durch die Luft, Türen gehen
auf und schlagen automatisch wieder zu, ein Goldfisch aktiviert ein Handy und
woanders setzt dieses Signal eine Installation in Gang.
Zeit und Raum bestimmen mein Werk: Die Installationen werden an verschiedenen
Orten ausgestellt und interagieren simultan. Die Aktionen hängen von zufälligen
Ereignissen ab, von Zufallsberechnungen, Unfällen und Glück: Ein Zuschauer
läuft vorbei, ein Fisch schwimmt vor einen Sensor, eine mit Hoch bzw. Überdruck
arbeitende Apparatur wird auf der Basis von Zufallsalgorithmen in Bewegung gesetzt.
Die mitunter sehr lauten und kraftvollen Bewegungen provozieren eine latent
bedrohliche und aggressive Atmosphäre: Man weiß nicht, wann etwas
passiert, aber man weiß, dass etwas passieren wird.
Der Schock, den das Geräusch eines plötzlichen zerberstenden Glases,
der Knall einer Kugel, Alarmsignale, Schüsse aus einer Luftdruckpistole,
schlagende Ventile hervorrufen, wird durch den Gebrauch roher Materialien wie
grobe Bretter, Luftdruckmaschinen, Timer und Elektronik zusätzlich intensiviert.
Spuren der Aktionen, die die Installationsmaschinen hinterlassen, wie ein Teppich
voller Glasssplitter, auf dem Boden verstreute, gebrauchte Patronenhülsen
und überall verspritzter Champagner, vervollständigen diese dramatischen
Anordnungen.
Dualismus kennzeichnet meine Arbeit: Terrorismus und Humor, Destruktion und
Konstruktion, HighTech und Trivialität. Ich möchte Handlung in Gang
setzen, Spannung und Gewalt mit Verletzlichkeit und Melancholie konfrontieren.
Ich möchte die Vorstellung hervorrufen, dass, wenn jemand in New York eine
Tür zuschlägt, in Tokio eine Flasche herunterfällt.
Doors 2004, Foto © Diane Bertrant